20. Nov. 2025 · 
MeldungFinanzen

Streit über Erbbaurecht: Missachtet Rot-Grün die Vorgaben der Landeshaushaltsordnung?

Rot-Grün will, dass die Klosterkammer den Erbbaurechtsnehmern entgegenkommt. Die CDU sieht allerdings erhebliche rechtliche Bedenken - die Koalitionsfraktionen widersprechen.

Foto: Wallbaum

Der Plan der Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen, mit verschiedenen Schritten die Steigerung von Erbbaurechtszinsen einzugrenzen, stößt auf rechtliche Bedenken. Am 20. November wurde über den Plan erstmals im Landtag diskutiert. Der CDU-Abgeordnete Christian Frölich erklärte, einige der von Rot-Grün in einem „Entschließungsantrag“ formulierten Vorschläge seien rechtlich fragwürdig, teilweise vermutlich sogar „verfassungswidrig“. Dem widersprachen Frank Henning (SPD) und Heiko Sachtleben (Grüne) vehement: Man habe lange und intensiv mit der Klosterkammer Hannover als größtem Erbbaurechtgeber verhandelt – und die Vorschläge seien Ergebnis dieser Gespräche.

In vielen Gegenden laufen Erbbaurechtsverträge, die in den fünfziger Jahren geschlossen wurden, gerade aus. Da sich der Pachtzins am Bodenrichtwert orientiert, dieser sich aber in dichtbesiedelten Gegenden um das Zwanzigfache erhöht hat, sind bisher in mehreren Fällen schon Vervielfachungen des Pachtzinses festgelegt worden, sehr zum Unwillen der betroffenen Erbbaurechtsnehmer. In Lüneburg, Osnabrück und Hannover bildeten sich Bürgerinitiativen. Als „Leitfigur“ wird in diesem Streit die Klosterkammer Hannover empfunden, die 17.000 Erbbaurechtsverträge verwaltet und damit der mit Abstand stärkste Anbieter ist. 2600 dieser Verträge laufen bis 2048 aus, die Neuverhandlungen laufen. Als Landesbehörde ist die Klosterkammer nun an die Landeshaushaltsordnung (LHO) gebunden, wonach Grundstücke nicht unter Wert vergeben werden dürfen. SPD und Grüne geben in ihrem Entschließungsantrag mehrere Veränderungen vor und wollen damit die Klosterkammer zu mehr Entgegenkommen bewegen. Erstens solle geprüft werden, ob die Verwaltungsvorschriften zur LHO verändert werden müssen. Zweitens solle es ein Gremium geben, das der Klosterkammer bei neuen Verträgen „das Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung“ nahelegt. Drittens solle beim Bodenrichtwert nicht der aktuelle Betrag berücksichtigt werden, sondern ein Medianwert im Zehn-Jahres-Vergleich. Viertens will Rot-Grün eine besondere Regelung für Gegenden mit angespannten Wohnungsmärkten. Dort solle die Klosterkammer auf drei Viertel der Einnahmen verzichten und einen Zins von 1,25 Prozent (statt 5 Prozent wie bisher) anbieten.

Streiten im Landtag: Frank Henning (links) und Christian Frölich. | Foto: Plenar-TV

Der SPD-Politiker Henning erklärte, man könne nach Überzeugung von Rot-Grün diese Schritte „ohne eine Änderung der Landeshaushaltsordnung“ durchsetzen – nämlich über neue Verwaltungsvorschriften. Für die wäre dann das Finanzministerium zuständig. Die Anpassung der Regeln sei nötig, da das Erbbaurecht ein Angebot an die Mittelschicht sei – und für die solle der Wohnraum nach wie vor erschwinglich sein. Eine Steigerung des Zinses sei unabwendbar, aber dies könne vielleicht eine Verdreifachung sein, nicht aber eine Verzwanzigfachung. Unterstützung für den rot-grünen Vorschlag habe nun auch der Verband der Wohnungswirtschaft gezeigt. Dabei achte man die Eigenständigkeit der Klosterkammer, die in ihrem Wirken frei sei. „Niemand will die Klosterkammer zu einem Zuwendungsempfänger machen“, sagte Henning. "Wir wissen, dass wir die Klosterkammer nicht anweisen können", meinte Sachtleben. Der CDU-Abgeordnete Christian Frölich warf Rot-Grün vor, einen „Delegationstrick“ anzuwenden, indem der Antrag ein neues Gremium vorschlägt, das auf die Klosterkammer einwirken soll. „Soetwas neben der Rechtsaufsicht beim Wissenschaftsministerium zu schaffen, wäre wohl verfassungswidrig“, betonte Frölich. Wenn man nicht den Bodenrichtwert als Berechnungsgrundlage nehmen wolle, sondern einen Zehn-Jahres-Median, dann verstoße das gegen Paragraph 63 der LHO. Dort heißt es: „Vermögensgegenstände dürfen nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden.“

Im Ziel allerdings, sagte Frölich, stimme die CDU mit Rot-Grün überein – man müsse Wege finden, die Erbbauzinsen zu senken. Aber die Klosterkammer selbst habe eigene Spielräume, zumal seit 2008 eine Tochtergesellschaft mit Millionenverlust weiter aufrecht erhalten werde. Frölich regte an, der Klosterkammer „eine verbindliche sozialpolitische Option“ zu geben, anstatt „durch eine bedenkliche Normierung von oben“ Druck auszuüben. Man solle „eine neue Bezugsgröße für den Erbbauzins“ in Fällen einer vorzeitigen Verlängerung festlegen.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #207.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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