3. Dez. 2025 · 
MeldungFinanzen

Plötzliche Zeitnot: Kultusministerium sieht Lieferung der Tablets für Schüler in Gefahr

Kurz vor Beginn des Haushaltsausschusses beantragte die Regierung gestern die Freigabe von 250 Millionen Euro - für den Kauf von Tablets. Das sei "überfallartig", rügte die CDU.

Das Foto zeigt das Podium im Forum des Landtages mit sechs Personen.
Die Sitzung des Haushaltsausschusses am 3. Dezember 2025. | Foto: Wallbaum

Bei der geplanten Beschaffung von Tablets für Schüler der siebten Klassen, die im August ausgeteilt werden sollen, gerät die Landesregierung plötzlich in Zeitnot. Am Mittwoch, 3. Dezember, sah sich das Kultusministerium überraschend genötigt, den Haushaltsausschuss um einen eiligen Beschluss zu bitten. Eine Summe von 250 Millionen Euro, die eigentlich erst im Landesetat für 2026 bereitsteht, solle schon mal freigegeben werden. Denn sonst, so die Argumentation des Kultusministeriums, könnten die Tablets nicht zeitgerecht bestellt werden. „Um eine rechtzeitige Lieferung der Geräte zum Schuljahresbeginn 2026/2027 zu ermöglichen, ist der 4. Dezember 2025 der spätestmögliche Termin für die Veröffentlichung der Ausschreibung“, heißt es in einem Antrag des Ministeriums an den Ausschuss. Die geforderte „Vorwegfreigabe“ wurde sodann mit der Mehrheit von SPD und Grünen im Ausschuss beschlossen – unter Protest der Vertreter von CDU und AfD.

Zu Beginn der Sitzung des Haushaltsausschusses hatte der Vorsitzende Björn Thümler (CDU) seiner Verärgerung Luft gemacht. „Überfallartig“ gehe die Landesregierung hier vor, wenn sie "wenige Minuten vor Beginn der Sitzung" mal eben schnell eine Freigabe von 250 Millionen Euro fordere. „Es ist schwer vorstellbar, dass es in den Ministerien nicht schon vorher entsprechende Hinweise gab und man früher hätte Bescheid sagen können.“ Mit diesem Eilverfahren schaffe die Regierung "einen Präzedenzfall", warnte Thümler. Die Haushaltssprecher Ulf Thiele (CDU) und Peer Lilienthal (AfD) nannten das Vorgehen „nicht hinnehmbar“. Thiele und Reinhold Hilbers (CDU) fügten hinzu, dass es sich hier um Geld des Bundes handele, das über das Sondervermögen für Investitionen an das Land überwiesen werden soll. Die dazu nötige Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern sei aber noch nicht einmal unterschrieben, sie hängt offenbar nur noch an der Freigabe durch Bundesfinanzminister Lars Klingbeil. "Was geschieht aber, wenn die Vereinbarung am Ende die Nutzung des Geldes für diesen Zweck gar nicht zulässt", fragte Hilbers und meinte: "Das Risiko ist doch viel zu groß." Referatsleiter Bernd Maschke vom Kultusministerium widersprach und sagte, das Geld sei aus Sicht des Ministeriums eindeutig eine Investition und damit von der Verwaltungsvereinbarung gedeckt. Thiele entgegnete, es gebe juristische und politische Bedenken. Da die Hälfte der Tablets den Lehrern zukommen sollten, diese die Geräte aber als Arbeitsmittel nutzten, sei doch die Bezeichnung der Ausgabe als „Investition“ fragwürdig. Außerdem gebe es mit der CDU und der AfD zwei Fraktionen, die in ihren Haushaltsanträgen die Tablet-Anschaffung ablehnten. Daher sei es nicht hinnehmbar, zwei Wochen vor Abstimmung im Landtag über den Haushaltsplan 2026 schon über die Verwendung von Mitteln zu befinden, obwohl das Parlament diese Ausgabe noch nicht einmal beschlossen hat. Der Leiter der Haushaltsabteilung des Finanzministeriums, Ulrich Soppe, bat um Verständnis und meinte, die Eilbedürftigkeit bestehe allein wegen der zeitlichen Abläufe der parlamentarischen Beratung.

Das Kultusministerium begründete das Vorgehen so: Man gehe von 448.000 Geräten aus, die gekauft werden müssen. Ein Stückpreis von 550 Euro werde kalkuliert, wobei man in der Ausschreibung von vier Gerätetypen ausgehe – eine vierjährige Laufzeit sei eingeplant. Das Vergabeverfahren, das dann folgende Bestellverfahren und die darauf folgende Anschaffung mit der Konfektionierung durch den Lieferanten ließen „nicht genügend Spielraum“, um den Beschluss über den Haushalt im Plenum kurz vor Weihnachten oder gar das Inkrafttreten des neuen Etats am 1. Januar 2026 abzuwarten. Im Februar sollten die Ergebnisse der Ausschreibung vorliegen, ab dem 14. März sollten die Schulen dann die Geräte bestellen können - und die Auslieferung solle sich ab dem 15. Juni anschließen. Ulf Thiele (CDU) hegt den Verdacht, die Eile sei womöglich nur deshalb entstanden, weil der Landesbetrieb IT-Niedersachsen in der Vorweihnachtszeit die Ausschreibung nicht mehr leisten wolle oder könne.

  • Staatsgerichtshof kippt Landesgesetz: Die Region Hannover hat einen juristischen Erfolg erzielt. Der Staatsgerichtshof urteilte am Mittwoch, dass das "Gesetz über finanzielle Leistungen wegen der Einführung der inklusiven Schulen" in Teilen verfassungswidrig sind. Das betrifft die Regelung, wonach Schulträger, die allein den Sekundarbereich II betreuen und nicht Förderschulen, von der finanziellen Unterstützung des Landes bisher ausgeschlossen sind. Gegen diese Festlegung hatte die Region Hannover geklagt - und gewonnen. Das Land hat nun bis Ende 2026 Zeit, das Gesetz zu ändern und rückwirkend zum Jahr 2022 neu zu regeln. Damit dürfte die Region Hannover Anspruch auf nachträgliche Zuwendungen bekommen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #216.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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